Ach, es war alles aufgegleist für ein wunderschönes Hockey-Wintermärchen. Leonardo Genoni war als Bub und ist im Herzen heute noch ein Ambri-Fan. Aber er ist halt in Zürich ausgebildet worden und war bald ein Titan seines Faches. Nach dem HC Davos und dem SC Bern ist er nun beim EV Zug tätig und hat allen drei Klubs Meistertitel beschert. Zu gut, zu teuer für seinen «Herzensklub» Ambri.
Aber nun gibt es auf einmal eine wundersame Wendung. Die Geschichte beginnt schon im Sommer. Zug darf Ambris Nationalstürmer Marco Müller (27) aus einem laufenden Vertrag heraus übernehmen. Im Gegenzug verpflichten sich die Zuger, Ambri für den Spengler Cup 2021 einen Verstärkungs-Spieler zur Verfügung zu stellen.
Wen oder auch nur die Position (Stürmer? Verteidiger? Goalie?) wird im Vertrag nicht festgeschrieben. Einfach einen Spieler. Ambris Trainer Luca Cereda weiss um Leonardo Genonis Herz für Ambri. Aber er wagt nicht einmal daran zu denken, dass er Zugs Goalie für den Spengler Cup als Verstärkung bekommen könnte. Weil Benjamin Conz (30), seine Nummer 1, verletzt ist, wird Robert Mayer (32) – spielt in Langnau, ist aber noch immer beim HCD unter Vertrag – zum Thema. Auch das wäre eine schöne Geschichte: in Davos nicht mehr erwünscht, aber nun doch beim Spengler Cup.
Aber dann entscheidet Zugs Sportchef Reto Kläy, dass Ambri keinen Feldspieler für den Spengler Cup bekommt. Nur einen Torhüter. «Wir haben zu viele verletzte Spieler und eine ganze Reihe von unseren Jungen sind bei der U20-WM engagiert. Wir können keinen Feldspieler entbehren», begründet Kläy.
Ein EVZ-Goalie muss es also sein. Ein Eishockeymärchen kann wahr werden. Leonardo Genoni mit Ambri beim Spengler Cup im Winterwunderland Davos! Reto Kläy bestätigt auf Anfrage, dass sich Genoni in der Sache bei ihm kundig gemacht hat. «Wir haben darüber gesprochen. Aber es war ein kurzes Gespräch von vielleicht fünf Minuten. Eine Freigabe für den Spengler Cup ist für uns kein Thema.»
Aber warum denn nicht? Es gäbe doch keine schönere Spengler-Cup-Geschichte als Leonardo Genoni, der sich einen Bubentraum erfüllen und doch noch im Ambri-Dress spielen darf. Zugs Sportchef sagt: «Eine schöne Geschichte wäre es. Aber ich bin kein Romantiker. An erster Stelle stehen die Interessen unserer Organisation.» Deshalb komme eine Spengler-Cup-Teilnahme Genonis nicht in Frage. «Sein Programm ist einfach zu gedrängt. Er muss sonst schon genug Spiele bestreiten.»
So? Er hätte ja mit Ambri beim Spengler Cup nicht alle Partien bestritten. Ein oder zwei Spiele im Winter-Disneyland Davos im Beisein der Familie – das wäre doch eher Erholung als Anstrengung gewesen. Reto Kläy, ganz Realist und nicht Romantiker: «Es kann immer etwas passieren. Aber es gilt Situationen zu vermeiden, die vermieden werden können. Wenn sich Leonardo Genoni während der Altjahrswoche bei uns im Training verletzt, dann ist das Pech. Wenn ihm aber bei einem Spengler-Cup-Einsatz etwas zustossen sollte, dann wird man uns zu Recht kritisieren.»
So kommt es, dass Leonardo Genoni während der Altjahrswoche im Hochleistungs-Sportzentrum OYM in Cham trainiert und nicht den Spengler Cup mit Ambri zelebriert. Trainieren im Nebel statt spielen in sonnigen Höhen. «Ach was», sagt Reto Kläy etwas grantig, «es kann gut sein, dass in der Altjahrswoche auch bei uns im Zugerland die Sonne scheint …»
Die Geschichte ist aber mit dem Spengler-Cup-Verbot für Leonardo Genoni noch nicht zu Ende. Weil Zug einen Torhüter und nicht einen Feldspieler fürs Turnier abstellt, ist nun auch Robert Mayer kein Thema mehr für Ambri. Reto Kläy sagt: «Voraussichtlich wird nun Luca Hollenstein Ambri beim Spengler Cup aushelfen. Bevor wir das offiziell bestätigen können, haben wir noch ein paar Abklärungen zu machen.»
Nun denn: Luca Hollenstein statt Leonardo Genoni. Um es etwas frech zu formulieren (wir entschuldigen uns dafür): Das ist emotional fast so, wie wenn wir uns auf ein Nachtessen bei Kerzenlicht mit Scarlett Johansson freuen. Und dann kommt Beatrice Egli.
Das sieht Ambris Sportchef Paolo Duca ganz und gar nicht so. Der Vergleich mit Scarlett Johansson und Beatrice Egli lässt er auch nicht gelten. Das komme ganz auf den Geschmack an. Er macht gute Miene zum unromantischen Spiel und rühmt Hollenstein, Zugs ewige Nummer 2 schier überschwänglich: «Natürlich wäre Leonardo Genoni eine Traumlösung gewesen. Aber wir sind auch glücklich, wenn Luca Hollenstein kommt. Ihm gehört die Zukunft und er ist ein super Goalie: Meister und mit Einsätzen im Nationalteam.»
Nach wie vor ist offen, wen Duca vom SC Bern als Spengler-Cup-Verstärkung bekommt. Die Berner haben von Ambri im Sommer Verteidiger Christian Pinana (24) übernommen und sich vertraglich ebenfalls dazu verpflichtet, Ambri für den Spengler Cup einen Verstärkungsspieler zu überlassen. «Wir haben noch nicht entschieden, wer es sein wird», sagt SCB-Untersportchef Andrew Ebbett.
Wie wäre es mit Simon Moser, Tristan Scherwey oder Ramon Untersander? Ebbett hat Sinn für Humor und sagt: «Sie können davon ausgehen, dass es keiner dieser drei sein wird …» Unser Vorschlag: Operetten-Nationalstürmer Thierry Bader (24). Er stürmte ja von 2018 bis 2020 schon für den HCD, kennt also den Spengler Cup und aus zwischenzeitlicher Verbannung ins Farmteam der Ticino Rockets auch wen wenig die DNA Ambris.
Zum Schluss, Ihr ahnt es: Forza Lugano!
möchte. Dieses Jahr sind Olympia und WM.
Wenn er sich verletzt könnte er Olympia verpassen.
Ist es das wert?